Gedanken des Bürgermeisters zu 75 Jahre Frieden
Liebe Zirlerinnen und Zirler!
Der zweite Weltkrieg, eine der größten Katastrophen des 20. Jahrhunderts, endete offiziell am 8. Mai 1945 – in Zirl endete das menschenverachtende Hitler-Regime und sein „Katastrophenerbe Weltkrieg“ bereits am 3. Mai 1945.
Der spontane „Anschlussjubel“ des Jahres 1938 war zu diesem Zeitpunkt längst verklungen. An seine Stelle traten Ernüchterung, Entsetzen und wohl auch Grauen, angesichts von Millionen Kriegstoten, Millionen ermordeter Jüdinnen und Juden und RegimekritikerInnen und angesichts hunderttausender Menschen, die Opfer der Hitler‘schen „Rassenghygiene“ wurden.
Der mit kriegstreiberischer Hochrüstung erkaufte Wirtschaftsaufschwung der Nazis war längst existenzieller Not und Arbeitslosigkeit gewichen.
Was in Österreich und Europa folgte, war ein nationaler Schulterschluss über Parteigrenzen hinweg, ein beispielloses Wirtschaftshilfsprogramm namens „Marshallplan“ und ein bis dahin nie gekanntes Bekenntnis zu länderübergreifender Solidarität und internationalem Zusammenhalt.
Heute – 75 Jahre später – stecken wir mitten in einer COVID-19 Pandemie, die vor kurzer Zeit noch niemand für möglich gehalten hätte. Solidarität und Zusammenhalt werden wieder großgeschrieben – leider nur national in den einzelnen Staaten, jeder für sich! Wir akzeptieren zudem Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten, wie sie die Nachkriegsgenerationen – also die meisten von uns - noch nie hinnehmen mussten.
Wo hat sich in dieser Zeit das solidarische, geeinte Europa versteckt? Wo sind der internationale Schulterschluss und die Lösungskompetenz der Europäischen Union geblieben? Oder haben wir am Ende gar an ein Märchen geglaubt, das sich nun als eben solches in Luft auflöst? Besorgniserregende antidemokratische und nationalistische Tendenzen in einigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union lassen solche Gedanken aufkommen.
ABER ich bin nach wie vor vom Gedanken einer „Europäischen Union“ überzeugt!
Ich bin 1963 geboren und habe nie Krieg und Elend kennen gelernt. Ich bin in einem reichen, wunderschönen Land aufgewachsen - in Tirol. Ich hatte eine glückliche Jugendzeit und bekam von Österreich die Chance einer tollen Ausbildung. Dem Friedensprojekt Europäische Union habe ich und haben meine Kinder wirtschaftlichen Wohlstand und das Kennenlernen der ganzen Welt zu verdanken.
Die COVID-19 Pandemie ist vielleicht DIE CHANCE schlechthin, sich dieser Stärken wieder zu besinnen. Die Europäische Union als Garant für Frieden, wirtschaftlichen Wohlstand und künftig auch für soziale Gerechtigkeit muss nicht abdanken, ich wünsche mir, dass sie ihre (vielleicht letzte) Chance dazu nutzt. Es liegt an uns allen!
Nach dem 2. Weltkrieg lag unser Land in Trümmern. Aber unsere Vorfahren hatten die Hoffnung und die Kraft, wiederaufzubauen und oft auch neu anzufangen. Ich maße mir hier keine Vergleiche mit unserer derzeitigen Krise an, aber auch jetzt stehen viele Menschen vor sehr großen Herausforderungen. Ich hoffe, dass wir wieder genug Solidarität und Zusammenhalt aufbringen können, und damit jeder/jedem Einzelnen Hoffnung und Kraft für sein persönliches Leben schöpfen kann.
Das wünsche ich mir, das wünsche ich uns! Bleiben Sie gesund!
Herzlich
Ihr Bürgermeister
Thomas Öfner
Weiterführende Verweise:
Datum: 03.05.2020
Autor: zirl.at Redaktion
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